Das Klima im Oberen Gäu wird in erster Linie durch seine geographische Lage im Lee des Nordschwarzwaldes bestimmt. Im Bild ein Blick von der Gäurandhöhe am Lerchenberg oberhalb Wildberg-Gültlingen nach Westen auf die Ostabdachung des Nordschwarzwaldes mit Nagold-Enz-Platte und den bewaldeten Enzhöhen. Im Hintergrund der zentrale Teil des auf über 1100m NN ansteigenden Hauptkammes zwischen Freudenstadt-Kniebis und Baden-Baden.
Atlantische Luftmassen mit zwischengelagerten Hochdruckgebieten bestimmen in unseren Breiten weitgehend den jährlichen Witterungsverlauf. Der Nordschwarzwald wirkt durch seine Lage quer zu den Westwinden und seine steil aufragende westliche Gebirgsflanke auf der Rheinseite als Regenfänger. Die Leewirkung im Oberen Gäu ist beachtlich und klimaprägend. Die Herrenberger Tallage ist im Gegensatz zu den Randhöhen als windschwach zu bezeichnen, mit subkontinentalen Zügen infolge heißer Sommer, mäßig kalter Winter und hohen Tagesamplituden der Lufttemperatur durch nächtlichen Kaltluftabfluss. Die Randhöhen im Westen und Osten der Stadt sind den großräumigen Winden erheblich stärker ausgesetzt, etwas besser beregnet und zeigen sowohl im Tages- als auch im Jahresverlauf deutlich flachere Temperaturgänge.
Klimadiagramme für Herrenberg (1996-2023 und das Jahr 2022)
Die auf Walter und Lieth zurückgehende Diagrammform ist geeignet, Klimate nach den hygrischen Verhältnissen zu unterscheiden. Dabei ist die Skalierung der Diagrammachsen von Monatswerten der Lufttemperatur und der Niederschlagshöhe im Verhältnis 1:2 festgelegt. Humide und aride Jahreszeiten lassen sich auf diese Weise schnell erkennen. Liegen die Säulen der Monatsniederschläge im Diagramm unter der Temperaturkurve, so ist die klimatische Wasserbilanz negativ, d.h. in der betreffenden Zeit übertrifft die mögliche Verdunstung den Niederschlag. Für die Vegetation bedeutet das Trockenruhe.
Die Diagramme „Walter-Lieth Hbg 96-23“ und „Walter-Lieth Hbg 2022“ veranschaulichen für Herrenberg den Normalzustand mit ganzjährig humidem Klima sowie im Jahr 2022 einen Verlauf mit ariden Bedingungen in den Monaten Mai, Juli und August. Abgesehen vom niederschlagsreichen Juni erinnert das Diagramm „Walter-Lieth Hbg 2022“ sehr an die Klimaverhältnisse des nördlichen Mittelmeerraumes. Der Sommer 2022 war hochdruckgeprägt mit häufigem Zustrom subtropischen Luftmassen.
Im Sommer macht sich in SW-Deutschland in den letzten Jahren zunehmend das Azorenhoch als eines der beiden klimabestimmenden Aktionszentren bemerkbar. Dabei strömt häufig subtropische Warmluft nach Norden. Das Islandtief verliert an Einfluss.
Warum die Sommer in manchen Jahren von Hochdrucklagen geprägt und in anderen wie im Jahr 2023 verregnet sind, d.h. unter häufigem zyklonalem Einfluss stehen, liegt an der Randlage des Südwestens im Übergangsbereich von dominantem Azorenhocheinfluss zur sommerlichen Lage des Westwindgürtels (s. Abb. „Witterungslagen“).