Foto links: Windmessanlage auf dem Lerchenberg mit Schalenstern-anemometer und potenziometrischen Windfahne.
Rechts: Barograph (Luftdruckschreiber) mit 8 übereinanderliegenden Anaeroiddosen, Genauigkeit +-1 hPa.
(Die Datenerfassung erfolgt an den Stationen mit digitalen Barogebern, basierend auf dem Piezoeffekt.)
Atmosphärischer Luftdruck
Das Diagramm „Luftdruckverlauf“ zeigt für die Höhenlage des Oberen Gäu typische Luftdruckwerte bei unterschiedlichen Witterungssituationen. Angegeben ist zudem der reduzierte Luftdruck in Meereshöhe. Er kann aus den Stationswerten über die barometrische Höhenformel bei bekannter Temperaturschichtung berechnet werden.
Die Mittelwerte der dargestellten Messreihe lauten für den Luftdruck in NN 1018 hPa1*, für Herrenberg 965 hPa und für die Station Lerchenberg 944 hPa. Daraus ergibt sich von NN zur Höhenlage Herrenberg (435m) eine mittlere vertikale Abnahme des Luftdrucks von 1,21 hPa je 10m. Von Herrenberg zum Lerchenberg (601m) sind es 1,26 hPa je 10m Höhenzunahme. Der größere Wert ist auf die etwas kühlere Luftmasse der höheren Luftschicht zurückzuführen.
Abnahme des atmosphärischen Luftdrucks mit der Höhe
Anders als Wasser ist Luft ein komprimierbares Medium. Am Erdboden ist ihre Dichte deshalb am größten, ebenso der Luftdruck als Gewichtskraft der gesamtem Luftsäule auf eine darunter liegende Fläche. Er nimmt mit der Höhe exponentiell ab. Der mathematische Zusammenhang zwischen Luftdruck und Meereshöhe wird durch die barometrische Höhenformel beschrieben. In der Abbildung eine Veranschaulichung der Höhenabnahme:
Der Luftdruck auf Meereshöhe von 1013 hPa geht in ca. 5,5 km Höhe auf die Hälfte zurück, nach weiteren 5,5 km Höhenzunahme erfolgt wieder eine Halbierung und in 16,5 km eine weitere auf 125 hPa usw.
Demnach gibt es keine feste Atmosphärenobergrenze. In mittleren Breiten beträgt der Luftdruck oberhalb der Stratosphäre in ca. 50 km Höhe nur noch 1 hPa. Darüber kann man den Luftdruck vernachlässigen und von einer gedachten Obergrenze der Atmosphäre sprechen.
Siehe auch: https://www.schweizer-fn.de/berechnung/lueftung/hoehenformel/hoehenformel_rech.php
Entstehung horizontaler Luftdruckunterschiede (Modell)
Eine Luftmasse, die erwärmt wird, dehnt ihr Volumen aus. In Abbildung 3-A sind die Druckverhältnisse in der sog. Standardatmosphäre dargestellt, einem mittleren Zustand mit 1013,25 hPa Bodendruck auf Normalnull.
Abbildung 3-B zeigt die unterschiedliche Ausdehnung einer betrachteten Luftsäule bei Erwärmung bzw. bei Abkühlung. Die Isobarenflächen sind dabei gegenüber der Standardatmosphäre bis auf den Bodendruck in der erwärmten Luft angehoben, in der abgekühlten Luft liegen sie tiefer.
Liegen zwei unterschiedlich erwärmte Luftmassen nebeneinander, so kommt es infolge horizontaler Luftdruckdifferenzen zum Druckausgleich durch horizontale Winde.
In Abbildung 3-C ist diese Situation modellhaft veranschaulicht. Durch den Luftmassentransport in der Höhe von der erwärmten in die abgekühlte Luftsäule steigt der Luftdruck in der Kaltluft und am Boden bildet sich ein sogenanntes Kältehoch. Umgekehrt bewirkt das Abfließen von Luftmasse in der Höhe der Warmluft am Boden derselben ein Hitzetief.
Thermisch bedingte Luftdruckunterschiede und dadurch entstehende Ausgleichswinde gibt es auf lokaler, regionaler und globaler Ebene.
Ursächlich dafür ist letztlich jeweils die zeitliche und räumliche Differenzierung der Strahlungsbilanzen von Oberflächen unterschiedlicher Beschaffenheit und daraus resultierend ihr Temperaturverhalten. So erwärmt sich bei gleicher Einstrahlung eine Wasseroberfläche viel langsamer und weniger stark als eine benachbarte Landfläche. Gleiches gilt für Wälder gegenüber landwirtschaftlichen Flächen bzw. für benachbarte offene und überbaute Areale.
Über größeren Landmassen bilden sich in den Außertropen infolge großer jahreszeitlicher Gegensätze der Strahlungsbilanz von solarer Strahlung und terrestrischer Wärmeabstrahlung ausgedehnte Kältehochs und Hitzetiefs aus, die in der Vertikalen jedoch eine geringe Ausdehnung haben und im 500 hPa-Niveau nicht mehr in Erscheinung treten.
Beispiele hierfür sind das sommerliche Hitzetief über dem Indischen Subkontinent, welches den SW-Monsun auslöst bzw. das winterliche sibirische Kältehoch als Quelle des NO-Monsuns.
Im sibirischen Kältehoch wurde am 31.12.1968 mit 1083 hPa (reduziert) der bislang höchste thermisch bedingte Luftdruck gemessen.
Auf lokaler Ebene sind zu nennen der Land-See-Wind-Effekt, z.B. der „lake-effekt“ , der im Frühjahr in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern häufig in Verbindung mit Schneefällen auftritt als Folge des Temperatur-unterschiedes von Ostsee und Landmasse, sowie viele Berg-Talwind-Systeme und auch Flurwinde in der Umgebung größerer Siedlungsflächen.
Anmerkungen zur planetarischen Zirkulation der nördlichen Mittelbreiten und zur Bildung dynamischer Druckgebiete
Die tropische Atmosphäre ist aufgrund der Einstrahlungsverhältnisse gegenüber der polaren Luftmasse erheblich wärmer und in der Vertikalen entsprechend ausgedehnter. Die 500 hPa-Isobarenfläche liegt hier aufgrund des geringen jahreszeitlichen Temperaturganges durchweg im Höhenniveau von ca. 5900 m, in den Polargebieten im Sommer bei etwa 5600 m und im Winter unter 5200 m.
Das größte meridionale Luftdruckgefälle befindet sich auf der Nordhalbkugel zwischen 40° und 60° n. Br. und wird planetarische Frontalzone genannt. Dadurch herrschen in höheren Atmosphärenschichten Ausgleichswinde, sog. Gradientwinde, die infolge der Erdrotation durch die Corioliskraft von einer initialen Nord- in eine östliche Strömung übergehen. Hierdurch erklärt sich der Westwindgürtel. In ihm eingelagert sind Jetstreams von 100 – 200 km Breite, einigen 100 m Höhe und Windgeschwindigkeiten von z.T. über 400 km/h.
Die Höhenströmung ist zirkumpolar und isobar. Es wechseln sich Phasen mit überwiegend zonalem und wellenförmigen Verlauf ab. Dabei steuert die Strömung auch den Luftmassentransport am Boden. In den zonalen Phasen ist der meridionale Luftmassen- und Wärmeaustausch zwischen Tropen und Polarzone unterbunden, so dass sich die Temperaturgegensätze aufbauen. Bei einem meridionalem Temperaturgefälle im 500 hPa-Niveau von ca. 6°C/1000 km geht die zonale Strömung in eine wellenförmige mit nördlicher und südlicher Strömungskomponente über, wobei die Mäander tendenziell wachsen. Das Wellenband bewegt sich i.d.R. langsam in west-östlicher Richtung. So kann in der Höhe Kaltluft nach S vorstoßen (Tiefdruck-Trog), während Warmluft nach N drückt (Hochdruck-Rücken). In der bodennahen Luftschicht kommt es zur anisobaren Luftversetzung bis zur Ausbildung von Strömungswirbeln (zyklonal und antizyklonal). Ursächlich hierfür sind Reibungskräfte, aber auch Konvergenzen und Divergenzen im Strömungsfeld z.B. durch hohe Gebirgsketten. Wandernde Tiefdruckwirbel oder Zyklonen mit meridionalen Strömungskomponenten auf der Vorder- und Rückseite, zwischengelagerte Hochdruckzellen (Antizyklonen) und Phasen mit annähernd isobaren Windverhältnissen bestimmen so den Witterungswechsel der Mittelbreiten.
Rauigkeiten der Erdoberfläche (Gebirge, Landmassen) führen zu Strömungskonvergenzen und Divergenzen (Strömungsdeltas). Es entwickeln sich in der unteren Atmosphäre dynamische Tiefdruckwirbel und Hochzellen. In diesen strömt auf der Nordhalbkugel am Erdboden Luft im Gegenuhrzeigersinn in das Tief hinein und im Uhrzeigersinn aus dem Hoch heraus. Auf der Südhalbkugel ist es umgekehrt.
Wind
Die Herrenberger Tallage zwischen Schönbuch und der nach Westen ansteigenden Gäufläche bewirkt ein relativ windarmes Klima. Erheblich windreicher zeigt sich die exponierte Randhöhe oberhalb des Nagoldtales. Windmittel und Windspitzen stehen hier den Verhältnissen im nordöstlichen Schwarzwald kaum nach. Entscheidend für die Messwerte, die standardgemäß in 10 bis 15 Meter über Grund erhoben werden, ist die Strukturierung des Geländes der Stationsumgebung. Eine waldreiche Umgebung wirkt sich in Standardmesshöhe mindernd auf die Windgeschwindigkeit aus.
Die 20-jährigen Messreihen ergeben für die Windmittel und maximalen Windgeschwindigkeiten folgendes Bild:
Station | Periode | J | F | M | A | M | J | J | A | S | O | N | D | Jahr |
Herrenberg | 2012-2023 | 1,8 | 2,0 | 2,3 | 2,0 | 1,9 | 1,9 | 1,9 | 1,5 | 1,5 | 1,6 | 1,6 | 1,8 | 1,8 |
Station | Periode | J | F | M | A | M | J | J | A | S | O | N | D | Jahr |
Kühlenberg | 2001-2011 | 3,0 | 3,2 | 2,9 | 2,8 | 2,7 | 2,7 | 2,5 | 2,4 | 2,5 | 2,7 | 3,0 | 3,1 | 2,8 |
Lerchenberg | 2012-2023 | 3,0 | 3,1 | 3,0 | 2,7 | 2,6 | 2,4 | 2,4 | 2,3 | 2,4 | 2,6 | 2,6 | 3,0 | 2,7 |
Sturmtage | 2012-2023 | 1,5 | 1,6 | 1,1 | 0,5 | 0,3 | 0,4 | 0,4 | 0,3 | 0,4 | 0,5 | 0,3 | 1,1 | 8,3 |
Die mittleren Windgeschwindigkeiten erreichen in den Wintermonaten in der Zeit größter Temperatur- und Luftdruckgegensätze zwischen Polarregion und gemäßigter Zone ihr Maximum, gleiches gilt für die Anzahl von Sturmtagen mit mindestens 20,6 m/s für das Windmaximum. Windschwach zeigen sich im Oberen Gäu die Spätsommermonate und der Frühherbst.
Sturmlage am 10.02.2020 (Messdatenbeispiel)
Mit Annäherung des Orkantiefs auf das Festland sank der Luftdruck bei gleichzeitiger Zunahme des Windes.
Vorherrschende Windrichtungen
Die vorherrschende Windrichtung im Oberen Gäu ist der SW-Quadrant entsprechend der Dominanz von Großwetterlagen wie in der Skizze dargestellt:
Das Winddiagramm ist durch die Summe aller 10-min-Windrichtungsmittel (konzentrische Kreise) des Jahres 2020 aus 10°-Richtungssektoren gebildet. Der äußere Kreis bedeutet 6500 Messwerte. Die überwiegende Zahl der 10-min-Mittel liegt in den Sektoren SSW bis WSW.
Zur Einordnung der Windgeschwindigkeiten siehe auch Wind-Umrechner .
Lokalwinde am Schönbuchtrauf
Bei windschwachem sommerlichem Strahlungswetter entstehen am Schönbuchtrauf thermisch induzierte Lokalwinde. Dabei bildet sich mit der Tageserwärmung nachmittags eine hangaufwärts gerichtete schwache Strömung aus, der sogenannte Hangwind. Stärker in Erscheinung treten jedoch nach Sonnenuntergang hangabwärts gerichtete Talwinde durch abfließende bodennahe Kaltluft. Kleine Tälchen, die von der Hochfläche zum Tal der Ammer führen, fungieren hierbei als Frischluftschneisen.
Die Temperaturangaben in der Skizze repräsentieren Verhältnisse eines heißen Hochsommertages. Die angedeutete Schönwetterbewölkung über dem Schönbuch, die sich tagsüber bei gegebenen meteorologischen Voraussetzungen bilden kann und abends wieder auflöst, ist auf die thermisch bedingte Hebung der Luftmasse über dem Schönbuch zurückzuführen.
Beschreibung der Lokalwindzirkulation:
Durch die starke Aufheizung der Hangpartie steigt warme Luft nach oben, die durch absinkende Luft ersetzt werden muss. Es bildet sich eine kleinräumige Zirkulation im Hangbereich in der dargestellten Weise aus.
Nach Sonnenuntergang kühlt der Boden und die bodennahen Luftschichten am Hang und auf der Hochfläche durch Wärmeabstrahlung erheblich stärker aus als die Luftmasse darüber. Dies gilt besonders für offene Streuobstwiesen, über denen der Großteil der Kaltluftmasse entsteht. Die Kaltluft fließt bevorzugt in Rinnen und Hangdellen ab. In der Höhe ist ein Ausgleichswind zum Hang gerichtet.
Das Phänomen ist bei gegebenen Bedingungen für ca. 2 bis 3 Stunden nach Sonnenuntergang zu beobachten. Messungen des Wetterprojekts ergaben im Bereich Herrenberg-Mönchberg Windgeschwindigkeiten zwischen 2 m/s und 4 m/s. Die Vertikalmächtigkeit des Talwindes dürfte nach Geländebeobachtung selbst in den Sammelrinnen kaum mehr als 10 Meter betragen.
- 1hPa = 100 N/m2 1000 hPa = 10 N/cm2 Der Luftdruck in NN entspricht somit in etwa der Gewichtskraft von 1kg Masse je cm2 ↩︎